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Grundsteuer | 30.07.2024
NRW-Gemeinden haben Grundsteuer B erhöht
Bund der Steuerzahler sieht staatlichen Handlungsbedarf
NRW gilt als Hochsteuerland. Der Bund der Steuerzahler hat die aktuellen Hebesätze für die Grundsteuer in NRW überprüft und sieht akuten Anlass für staatliches Handeln.
Eigentümer müssen sich nach Überzeugung des Bundes der Steuerzahler (BdSt) auf höhere Grundsteuern einstellen. „Wir haben festgestellt, dass in diesem Jahr bereits fast jede zweite Gemeinde in Nordrhein-Westfalen ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht hat“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Eberhard Kanski der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Die zum Jahresbeginn greifende Grundsteuer-Reform lasse weitere Verteuerungen und Schieflagen befürchten.
Neue Dimension im Hochsteuerland Nordrhein-Westfalen
Das Ausmaß der Erhöhungen habe laut einer aktuellen Auswertung der Hebesätze in den 396 Kommunen des Landes eine seit Jahrzehnten ungekannte Dimension erreicht. Sowohl als „Wohnsteuer“ als auch als Standortfaktor für die Unternehmen erfordere diese Größenordnung dringend staatliches Gegenlenken.
„Die Zunahme lässt alle Dämme brechen“, bilanzierte der Kommunalfinanz-Experte. „Wir sind wieder bei einer neuen Episode aus der Geschichte: Hochsteuerland Nordrhein-Westfalen.“ Hier würden im Durchschnitt die bundesweit höchsten Grundsteuer-B-Sätze erhoben.
„Wir haben festgestellt, dass zum ersten Mal in der Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens eine Kommune einen Hebesatz von über 1.000 Punkten hat“, berichtete Kanski. „1.000 war immer so eine Schallgrenze und die ist in Niederkassel überschritten worden.“ Der Hebesatz ist ein entscheidender Faktor bei der Ermittlung der Steuer.
Üppige Hebesätze in vielen Regionen
Neben Niederkassel im Rhein-Sieg-Kreis gebe es aber auch in vielen anderen Regionen sehr hohe Hebesätze: etwa in den Kreisen Düren, Recklinghausen und Unna sowie etlichen Ruhrgebietsstädten wie Gladbeck, Mülheim, Duisburg oder Herne. Niedrige Hebesätze sind dagegen in den Kreisen Gütersloh, Mettmann und Borken zu finden sowie in Düsseldorf.
Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und von Eigentümern bezahlt - über die Nebenkosten sind aber auch Mieter letztlich davon betroffen. Ab dem 1. Januar 2025 müssen Grundstückseigentümer in Deutschland die Steuer nach einer neuen Berechnungsmethode bezahlen. Allein in NRW müssen dafür rund 6,5 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.
In NRW hat der Landtag den Kommunen die Option eröffnet, künftig statt eines einheitlichen Hebesatzes unterschiedliche Sätze für Wohn- und Geschäftsimmobilien festzulegen. Damit soll eine übermäßige Belastung der Eigentümer von Wohnimmobilien vermieden werden. Der Wert von Wohngrundstücken ist in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts im Vergleich zu Gewerbegrundstücken deutlich gestiegen.
Insgesamt soll die Grundsteuer-Reform für die Kommunen „aufkommensneutral“ sein. Das heißt, trotz der veränderten Bemessungsgrundlagen sollen ihre Einnahmen insgesamt gleichbleiben. Um das zu gewährleisten, hat das Düsseldorfer Finanzministerium bereits eine Modell-Tabelle veröffentlicht, an der sich die Kommunen orientieren können.
Aufkommensneutralität gelte für die Kommunen – jedoch nicht für den einzelnen Steuerzahler, erklärte Kanski. „Da wird es Veränderungen geben.“ Aufgrund der zahlreichen Erhöhungen im laufenden Jahr – in 177 von 396 Kommunen – seien die Sätze des Finanzministeriums nicht mehr in jedem Fall aktuell.
Die Bürger haben Pfeile im Köcher
Wenn es nach den kommunalen Haushaltsberatungen vor Ort zu höheren Hebesätzen komme als die vom Finanzministerium genannten, sollten die Bürger aktiv werden - etwa durch Einwendungen an den Stadtrat, empfahl Kanski. „Die Bürger haben tatsächlich auch einige Pfeile im Köcher, die sie abschießen können.“
Die teuersten und die günstigsten Gemeinden
Die höchsten Hebesätze für die Grundsteuer B haben laut Auswertung des Steuerzahlerbundes derzeit Niederkassel (1100) und Alfter (995) – beide im Rhein-Sieg-Kreis sowie Xanten im Kreis Wesel (995). Am günstigen Ende der Skala liegen dagegen Verl (170) und Schloss Holte-Stukenbrock (280) im Kreis Gütersloh sowie das für niedrige Steuersätze berühmte Monheim am Rhein (282).
Lediglich eine einzige Gemeinde - Büren im Kreis Paderborn – hat die Grundsteuer gesenkt - allerdings nur um einen Prozentpunkt (auf 514). Die prozentual größte Steuererhöhung ist im rheinischen Eschweiler mit einem Plus von 72 Prozent festzustellen.
Es gebe zahlreiche Gründe, warum die Kommunen mehr Geld benötigen, sagte Kanski. Dazu zählten die Inflation, gestiegene Zinssätze, die schwächelnde Konjunktur sowie hohe Kosten für Soziales und für die Unterbringung von Flüchtlingen. „Und die Städte holen sich das dann eben über die Grundsteuer B.“
Kleineres Kuchenstück für die Kommunen
Um die Steuerspirale zu stoppen, müssten die Kommunen stärker an den Landessteuereinnahmen beteiligt werden, fordert der Bund der Steuerzahler. Derzeit seien sie es nur zu 23 Prozent. In der Zeit des früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau habe der Satz noch bei 28 Prozent gelegen. „Das Kuchenstück, das die Kommunen bekommen, ist kleiner geworden.“
Gemeinsam mit dem Eigentümerverband Haus & Grund hat der Steuerzahlerbund Klage gegen das Bundesmodell der Grundsteuer-Reform eingereicht. Falls die Erhebung erneut als verfassungswidrig bewertet werde, sollte die Grundsteuer vollständig abgeschafft werden, argumentiert der BdSt. Stattdessen könnten sie ein Hebesatzrecht auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer erhalten und einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer. Die Grundsteuer bleibt zu 100 Prozent bei den Kommunen und zählt zu ihren wichtigsten Einnahmequellen.
„Kirchturmdenken ablegen“
Neben einer Altschulden-Lösung für die Kommunen seien aber auch verstärkte eigene Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung nötig, betonte Kanski, der als ehrenamtlicher „Spar-Kommissar“ in diversen Städten mitgearbeitet hat. Dazu zähle mehr interkommunale Zusammenarbeit – von der Verwaltung über Kultur und Sport bis hin zu gemeinsamen Gewerbegebieten. Seine Empfehlung: „das berühmte Kirchturmdenken ablegen“.
Quelle: rp-online/dpa vom 30.07.2024
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